Wie man mit Gewinneraktien Geld verliert
Aktien sind volatil, ihre Kurse schwanken. Auch Aktien, deren Kurse langfristig nach oben gehen, unterliegen diesen Schwankungen. Um mit solchen Gewinneraktien Geld zu verdienen, benötigt man ein gutes System - so wie es beispielsweise bei Value Surfing der Fall ist. Verfügt man nicht über ein solches System und verlässt man sich zu sehr auf seine eigenen Emotionen, so kann es zu einem erstaunlichen Phänomen kommen: Obwohl die Aktie steigt, verliert man dennoch Geld.
Um dieses Phänomen zu verstehen, sehen wir uns noch einmal den Chart der Value AG an, den wir schon in der letzten Kolumne betrachtet haben. Diesmal ist der Chart aber noch um ein paar Angaben ergänzt.
Ganz allgemein betrachtet handelt es sich bei der Value AG um eine Aktie, die im Jahr 2014 gestiegen ist. Ein einziger Blick auf den Chart genügt, um das erkennen zu können: Am 1.1.2014 betrug der Kurs € 10,00, am 31.12.2014 € 23,00 - ein sattes Plus also von 130 %. Die beiden optimalen Punkte zum Ein- und Ausstieg sind immer noch verzeichnet („Buy here“) bei € 5,50 Ende Februar und („Sell here“) bei € 34,00 am 1. November. Ein Anleger, der genau hier gekauft bzw. verkauft hat, hätte sein Kapital in acht Monaten um 418 % gesteigert. So etwas gelingt in der Regel natürlich nicht einmal dem glücklichsten Anleger der Welt.
Umso erstaunlicher ist es, dass man mit genau dieser Aktie auch eine ganze Menge Geld hätte verlieren können. Und das geht so: Der Anleger kauft, angezogen durch den guten Start der Aktie, Anfang Januar die Aktie zu Kursen zwischen € 14,00 und € 16,00 (im Chart rot mit „Kauf I.“ eingezeichnet). Unangenehmerweise gibt die Aktie diese Kursgewinne gleich wieder ab und rutscht bis Ende Februar auf € 5,50 ab. Der Anleger denkt sich, dass er wohl doch falsch lag mit seiner Einschätzung der Aktie und verkauft Ende Februar zu Kursen um die € 6,00, um einen Totalverlust zu vermeiden (mit „Verkauf I.“ im Chart rot markiert). Das Minus beträgt rund 60 %.
Investieren kann gefährlich sein
Natürlich behält unser Anleger die Aktie weiter im Auge und sieht, dass sich der Kurs wieder erholt. Ende April steigt der Kurs sogar über die ersten Einstiegskurse unseres Anlegers von € 14,00 - € 16,00. Als der Kurs dann im Mai sogar merklich über die Marke von € 20,00 klettert, schöpft der Anleger erneut Mut und ordert die Aktie Mitte/Ende Mai zu Kursen zwischen € 22,00 und € 26,00 („Kauf II.“). Zur Verzweiflung unseres Anlegers kommt nun aber die „Sommerverschnaufpause“ der Aktie. Der Kurs sinkt kontinuierlich. Als der Kurs dann Anfang August wieder unter € 16,00 sinkt, zieht der Anleger erneut die Reißleine und verkauft die Aktie zu Kursen um € 14,00 („Verkauf II.“). Zu sehr steckt unserem Anleger noch die Talfahrt der Aktie von € 16,00 auf € 5,50 in den Knochen. So etwas soll ihm nicht noch einmal widerfahren, deswegen der erneute Verkauf. Der Verlust beim zweiten Kauf und Verkauf beträgt rund 40 %.
Wie das Leben so spielt, so erholt sich der Kurs Ende August erst ein wenig, nur um dann im September und Oktober stark anzuziehen. Ein guter Quartalsbericht im September sowie neue Analysteneinschätzungen im Oktober, die die Aktie klar zum Kauf empfehlen, geben dem Anleger zu denken. Er lag wohl doch nicht so falsch mit seiner Einschätzung, dass die Value AG an sich ein sehr gutes Unternehmen sei. Unser Anleger entschließt sich, ein drittes Mal die Aktie zu ordern, diesmal im Oktober zu Kursen zwischen € 30,00 - € 34,00 („Kauf III.“).
Es kommt, wie es kommen muss: Ende Oktober / Anfang November erreicht die Aktie ihr Jahreshoch bei € 34,00. Viel Euphorie ist auf diesem Niveau in den Kurs mit eingepreist. Als im November das allgemeine Börsenklima etwas abkühlt, kommt es für erfahrene Börsenbeobachter nicht völlig überraschend, dass sich auch der Kurs der Value AG wieder etwas ermäßigt und sich auf einem Niveau zwischen € 22,00 und € 24,00 einpendelt. Diesen erneuten Rückgang veranlasst unseren Anleger nun vollends die Flinte ins Korn zu werfen. Entnervt veräußert er seine Aktien Ende November zu Kursen um die € 23,00 („Verkauf III.“). Der Verlust beträgt diesmal knapp 30 %.
Unser Anleger mit der unglücklichen Hand hat es geschafft, durch seine drei Käufe und seine drei Verkäufe einen kumulierten Verlust von über - 83 % (!) zu erzielen. Und das bei einer Aktie, die über das gesamte Jahr um 130 % gestiegen ist.
Riding the waves...
Zugegeben, das Beispiel ist sehr hart konstruiert. Aber man soll sich nicht täuschen lassen. So unrealistisch ist das alles nicht. Anleger schaffen es immer wieder, mit eigentlich steigenden Aktien, kräftige Verluste zu erzielen. Wer zum falschen Zeitpunkt einsteigt und zum falschen Zeitpunkt aussteigt, wer zu teuer einkauft und zu billig verkauft, der darf sich nicht wundern, wenn er am Ende Verluste erzielt. Das sollte sich jeder durch den Kopf gehen lassen, wenn er (oder sie) beabsichtigt, an der Börse zu investieren.
Wir von Value Surfing wollen mit unserer Methode solche Fehler vermeiden.